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Ökologisch heizen mit erneuerbarer Energie wird Sie spürbar unabhängiger machen

von Bernd Klane, 2012

Wie entwickelt man eine eigenständige Wahrnehmung in scheinbar unwägbaren Zukunftsfragen?

Wer heute über eine Erneuerung der Heizung seines Hauses nachdenkt, steht vor der Frage, wie er in den nächsten 10-15 Jahren seinen Energiebedarf decken will – mit Öl, Gas, Holz, Sonnenenergie oder mit Strom. Ab 2015 ist per Gesetz sogar die Einbindung von mindestens 15% erneuerbarer Energie bei einer Heizungserneuerung vorgeschrieben. Ich schlage Ihnen hier zwei Fragestellungen vor, die Ihnen den aktuellen Informations-Dschungel etwas lichten und Entscheidungen erleichtern sollen.

Die heutigen Heizungsanlagen sind in der Regel gut ausgereift und können alle Energieformen sinnvoll in Heizungswärme und Warmwasser umwandeln. Bei der Entscheidung für einen Heizungstyp (wie Brennwert-Geräte mit Erdgas und Heizöl, Wärmepumpen, Solarthermie) sollten Sie einen Fachmann hinzuziehen, der neben den technischen Gegebenheiten des Hauses auch Ihre eigenen Gewohnheiten berücksichtigt. Darüber hinaus – und das ist der Inhalt dieses Artikels – sollte er Ihnen auch einen fundierten Überblick über die Versorgungsmöglichkeiten der nahen Zukunft geben. Hier zeigt sich bei der Beratung in der Praxis oft ein mangelndes Verständnis für die Eigenheiten des Energiemarktes, ist doch der Heizungsbauer auf die Übernahme von Informationen aus der Energiewirtschaft angewiesen, die häufig durch Eigeninteressen gefärbt sind.

Eine erste Übersicht über Eigenschaften der verschiedenen Heizungstechniken finden Sie hier.

Auch der sogenannte Primärenergieaufwand, eine Hilfskriterium mit dem Architekten und Energieberater arbeiten, um die Effizienz der Versorgungskette von der Energiequelle bis zum Bedarfsort – Ihrem Heizungskeller – einzuschätzen, gibt nicht wieder, ob die jeweilige Energieform hinsichtlich Ökologie, Preisentwicklung und Versorgungssicherheit zukunftsträchtig ist. So wird zum Beispiel die wachsende Zahl von elektrisch getriebenen Wärmepumpen in Haushalten zukünftig ein Alibi für das Vorhalten konventioneller Kraftwerksreserven (die so genannte kalte Reserve) darstellen. Diese Wärmepumpen laufen im Hochwinter mit einer ungünstigen Leistungszahl auf Hochtouren und erzeugen eine Strombedarfsspitze, mit die die Betreiber konventioneller Kraftwerke abfangen müssen; vielleicht kippt der Atomaustieg 2020 wieder?

Um diese Kriterien in allen Aspekten einschätzen zu können, werden nationale und internationale Gremien aufgebaut, die mittels umfassender Studien vergleichbare Kennzahlen für die verschiedenen Energiequellen und Energieträger erarbeiten sollen.

Wenn die Fachgremien alles untersucht haben, wissen wir dann mehr, als wir heute schon wissen?

Wie verwirrend die Ergebnisse für Sie als Endkunde sind, können Sie sich anhand zweier Beispiele verdeutlichen:

  • Wie verschafft man sich ein eigenes klares Bild, ob der aktuell diskutierte Auto-Kraftstoff E10 (mit 10% Ethanol aus nachwachsenden Rohstoffen) ein ökologischer Beitrag für Klima- und Naturschutz ist oder nicht?
  • Haben Sie gewusst, dass sich die Bundesregierung durch Stromerzeugung durch die Sonne mittels Photovoltaik-Anlagen (auf Ihrem Hausdach, der Scheune oder auf einem Freigelände) auf Jahrzehnte keine nennenswerte Entlastung in der Stromproduktion erhofft?

Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft betrug in 2014 der Anteil der Stromerzeugung aus der Photovoltaik gegenüber dem Gesamtstromverbrauch lediglich 4,7 %. Den Bau dieser Anlagen werden vor allem die privaten Haushalte in den nächsten Jahren mit etwa 203 Mrd. Euro über die Einspeisevergütung abbezahlen (Quelle). Ein schlauer Finanzierungskniff für einen kurzlebigen Industriezweig, der heute schon wieder zusammenbricht. Nachhaltiges Wirtschaften sieht anders aus. Bei wem werden die Kunden nach 10-15 Jahren ihre Leistungsgarantien und die Entsorgungspflicht einfordern ?

Bewertungen werden heute oft in Form von Prüfsiegeln und Plaketten durch Fachleute zusammengefasst. Damit soll dem Verbraucher das Gefühl gegeben werden, er könne  sich durch Beachtung dieser Prüfsiegel eine ökologische Qualität erwarten oder den ökologischen Fußabdruck von Produktion und Handel (z.B. Fairer Handel) mit beeinflussen. Doch auch hier zeigt der fachkundige Blick ins Detail, dass der Schein trügen kann. Wird ein Prüfsiegel vielleicht sogar von einem Interessenverband selbst vergeben? Dem Fachmann ist deutlich, dass ein Prüfsiegel nie eine eigene Beurteilung ersetzen kann. Zu komplex sind die Vernetzungen und die Interessenskonflikte, als dass man sie in einer Plakettenvergabe erfassen könnte.

Zwei unkonventionelle Fragen bringen Sie weiter

1. Frage zur Versorgungskette: Stellen Sie sich möglichst detailliert den Weg vor, auf dem die Energie ins Haus kommt.

Beispiel Erdöl:

Es wird vornehmlich in Vorderasien gefördert, als Rohöl in Tankschiffen nach Europa gebracht und über Pipelines verteilt, in Raffinerien zu Heizöl, Diesel, Benzin und vielen anderen Stoffen destilliert und dann mit Tankwagen zu Ihnen geliefert. Je nach Wärmebedarf wird das Heizöl in Ihrem Heizungskessel verbrannt und heizt das Wasser für die Wärmeversorgung in Ihren Räumen auf.

Beispiel Heizungssunterstützung mit Solarwärme , dies entspricht der Technik der sog. Solarthermie

Die Sonnenstrahlung wandelt sich an der Kollektorfläche in spürbare Wärme um, wird auf eine zirkulierende Flüssigkeit übertragen und in einem Behälter im Keller gespeichert. Von dort wird sie nach Bedarf in den Heizkreislauf gebracht – Sie können den ganzen Weg von der Quelle zur Nutzung selbst überschauen.

Auch wenn Sie sich für technisch wenig interessiert halten, können Sie sich heute leicht über die Medien ein ungefähres Bild von den Verfahren und Brennstoffen machen und entdecken dabei interessante Zusammenhänge in Natur, Ökologie, Technik und Wirtschaft.

2. Frage zur  Unabhängigkeit: Von wem wollen Sie in Zukunft abhängig sein?

Völlige Unabhängigkeit ist bei der Energieversorgung nur in seltensten Fällen (z.B. der Landwirt mit eigenem Wald) erreichbar. Es ist unbestritten, dass wir in Zukunft für Energieträger viel mehr Geld und viel mehr weltpolitischen Machteinsatz aufwenden müssen als heute, und zunehmend von anderen Staaten abhängig werden. Von welcher Lieferkette wollen Sie sich persönlich am ehesten abhängig sehen?

Leider wird das Marktgeschehen heute viel zu sehr durch Subventionen verzerrt. Wie zukunftsfähig eine Entscheidung ist, spürt man eher, wenn man sich vor Augen hält:

„Heute leben wir von Energiereserven, die sich in der Vergangenheit

über Jahrmillionen  angesammelt haben und zum Gleichgewicht der Erde gehören.

In Zukunft können wir überwiegend mit der Energie auskommen, die wir regenerativ, also erneuerbar in den Rhythmen der Natur vorfinden.“

Die Entscheidung für ein bestimmtes Energiekonzept können Sie auf drei Beine stellen:

1.  eine Bestandsaufnahme des Gebäudes und Ihrer Zukunftsvorstellungen hinsichtlich der Nutzung

2.  eine Schätzung für Investition und zu erwartende Verbrauchskosten der in Frage kommenden Konzepte

3.  eine Betrachtung der Konzepte unter den Fragestellungen Versorgungskette von der Quelle der Energie bis in Ihre Heizung – und der Unabhängigkeit. Daraus erwachsen zunehmendes Interesse für dieses oder jenes Konzept. Das gibt manchmal mehr Entscheidungssicherheit als viele fremde Gütesiegel.

Viele Menschen kommen durch die wiederholte Betrachtung einfacher Fakten zu einer eigenen Einschätzung von Konzepten für ökologisches Heizen und zu klaren, persönlichen Entscheidungen. Oft wird entdeckt, dass mit der Energie der Sonne und der Wärme eines Holzfeuers noch ein innerer Gehalt verbunden ist, den man gerne im Haus haben möchte und der einen auch schon von innen her warm stimmt.

 

B. Klane, Juni 2012

Aktualisierungen 2015

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