Neubau mit wasserführendem Grundofen und Solarthermie

Eine junge Familie plant einen Hausbau und weiß von Anfang an, sie will unabhängig von Gas- oder Öllieferungen werden. Der Umgang mit Scheitholz kommt ihr entgegen, es ist für sie Natur im Haus. Wir beschließen, zusammen ein heute noch unkonventionelles Heizungskonzept umzusetzen. Ohne dass eine Reserveheizung im Hintergrund bereitsteht, soll die Heizwärme und das Warmwasser nur mit einem handbefeuerten Scheitholz-Ofen und wenigen thermischen Sonnenkollektoren entstehen.

Bauphase wasserführender Grundofen, Kooperation mit M.Dislich, holzofen-projekte.de

Bauphase wasserführender Grundofen, Kooperation mit M.Dislich, holzofen-projekte.de

Kein aufwändig konzipiertes „Solarhaus“, kein Passivhaus, keine künstliche Lüftung, einfach eine gute Isolierung (Holzfaser) und ein präzise durchdachtes Wärmekonzept. Es war zudem der Wunsch der Bauherren, mit wenig Elektronik und einfach überschaubaren Regelvorgängen sich selbst autark in der Heizungsbedienung zu fühlen. Also lieber gut planen und dann eine einfache, bewährte Anlagentechnik wählen. In einem Kombispeicher fließt die Wärme des wasserführenden Holzofens und der Solarkollektoren zusammen und steht für Warmwasser (hygienisch integriert) und die Fußbodenheizung zur Verfügung. 800 Liter Speichervolumen klingt zunächst klein, doch die Philosophie geht auf: Die Wärme wird nicht lange gespeichert, sondern in Fluss gebracht, auch die Fußböden stellen einen Wärmespeicher dar.

Grundofen mit Wasserführung, Kooperation mit M.Dislich, holzofen-projekte.de

Der Ofen stellt im Haus eine Mitte dar. Über 1500 kg Lehm und Schamotte sind hier verarbeitet. Die Verbauung an Schamottesteinen und aufgebrachter Lehmputz lassen die Wärme des Ofens gemildert in das Wohnzimmer und den Hausflur strahlen. Gleichzeitig stellen sie in dem Haus ein ausgeglichenes, „erdiges“ Raumklima her. Die moderne Holzbauweise ist einfach zu erstellen und hält die Wärme im Winter gut im Raum. Die Masse an Lehm und Lehmoberflächen  ergänzt dies gut, indem sie feuchtigkeitsregulierend wirkt und thermisch träge ist. Ohne diese Ergänzung durch natürliche Mineral-Baustoffe kann es in hoch isolierten Häusern auch einmal zu einem Erleben von gestauter Wärme und stehender Luft kommen. Bei dem Grundofen sind die bautechnischen, gestalterischen und heizungstechnischen Leistungen von unserem Ofenbau-Kollegen Marius Dislich (holzofen-projekte.de) und von uns zusammengeflossen.

 
Die Wasserführung des Ofens umschließt nicht nur den Feuerraum, den man vom Wohnzimmer her bestückt und durch die große Glasscheibe beobachten kann. Ein nachgeschalteter Rauchgaswärmetauscher holt noch einmal mehr Wärme aus dem Abgas. Über eine handbediente Klappe kann man nach Bedarf diesen Wärmetauscher nutzen oder die Wärme des Rauchgases in einem Zugsystem aus Schamotte und Lehm speichern. Dieser Wärmeanteil steht vor allem dem zentralen Flur und über das Treppenhaus auch dem oberen Stockwerk zur Verfügung. Bei dem üblichen Wärmedämm-Standard moderner Häuser ist sorgfältig zu berechnen, dass der Ofen das Wohnzimmer nicht punktuell überheizt. Die Verlagerung des Zugsystems in andere Hausbereiche verteilt die Ofenwärme.

Aufdachen von aufgesteilten Kollektoren

Leider liegt das Haus für solare Wärmenutzung nicht optimal ausgerichtet. Die Dachfläche zeigt nach OSO. Wir entschieden deshalb, die Kollektoren nicht flach (Neigung 25°), sondern in Querrichtung zum Giebel um 40° aufgestellt zu positionieren, um auch in der Übergangszeit noch brauchbare Erträge zu gewinnen.  Eine Simulation lieferte die Gewissheit, dass 12 m² Flachkollektoren das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für den vorliegenden Wärmebedarf darstellen. Auch hier wurde sorgsam gerechnet und dann eine einfache, bewährte Solartechnik gewählt.


Die ersten Jahre sind nun vergangen. Der durchschnittliche Holzverbrauch liegt bei 3 bis 4 Raummetern pro Jahr. Für etwa 280 € hat die Familie ein warmes Zuhause und Warmwasser. Der tägliche Blick auf die Speichertemperatur und das maßvolle Einfeuern schenken eigentlich Ruhe und Lebensrhythmus, nicht das Gefühl einer zusätzlichen Arbeit.

Nicht nur für die Bewohner selbst ist dieses Konzept eine Freude. Wenn man bedenkt, dass die erforderliche Holzmenge bei nachhaltiger Waldbewirtschaftung (Mischung von meist heimischen Baumarten und –generationen, kein Kahlschlag) auf etwa 0,4 Hektar gut wachsen kann, öffnen sich erleichternde Perspektiven für eine ökologische Zukunft des Heizens. Die Überlegung klingt zwar statistisch trocken, ist aber bedenkenswert: In Baden-Württemberg kommen auf einen Einwohner 0,133 ha Wald, bei einer vierköpfigen Familie also 0,53 ha. Eine solche Wärmeversorgung wie hier wäre zwar in Deutschland noch nicht flächendeckend möglich und sinnvoll. Unser Land würde aber durch die Nutzung solcher Konzepte von Heizöl- und Gasimporten deutlich unabhängiger werden und die Wertschätzung für einen naturnahen Wald und die Leistung der heimischen Forstwirtschaft käme an die angemessene Stelle.


Personen / Wohnfläche                         Für Vier / 147  m²
Heiz-Wärmebedarf                                 (rechn.) 8952 kWh/a
Maximale Nennwärmeleistung            14,5 kW
davon ins Wassersystem                        Max 70%
Solare Flachkollektoren                         12 m²
Orientierung / Neigung                         195°SSW  / 40°
Kombispeicher + Warmwasser            750 + 50 Liter
Verbrauch an Scheitholz                       3 bis 4 rm /a
Wärmeverteilung :                                 Fußbodenheizung und Rauchgaszüge